Kommen Sie mit auf die aufregende Reise ‚Sanierung der 12 historischen Schleusen am Finowkanal`.
Unser Bautagebuch wird Sie regelmäßig mit aktuellen Informationen zu den Bauarbeiten versorgen.
Der Zweckverband Region Finowkanal hat am 17.02.2023 mit dem feierlichen Spatenstich an der Schleuse Ruhlsdorf den Baubeginn der Sanierungsmaßnahmen an den sechs westlichen Schleusen am Finowkanal gefeiert. Die Bauarbeiten des sogenannten Schleusenpaket 1 umfassen die Schleusen Ruhlsdorf, Leesenbrück, Grafenbrück, Schöpfurt, Heegermühle und Wolfswinkel und dauern voraussichtlich bis April 2026.
In unserem Bautagebuch wollen wir Ihnen einen Einblick geben in das was war, das was ist und das was wird. Wir berichten von aktuellen Geschehnissen auf der Baustelle aber auch von Genehmigungsverfahren, Planungen und anderen erzählenswerten Vorkommnissen.
Nach Abschluss der Betonarbeiten für die Schleusensohle wurden in Ruhlsdorf die Torumlaufkanäle mit glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) eingeschalt. Parallel dazu lief die detailreiche Schalung der nördlichen Kammerwände, eine anspruchsvolle und zeitintensive Arbeit. Hierbei mussten spezielle Negativschalungen für Mauerwerksversätze angefertigt und verschiedene Fertigteile, wie Leitern und Haltegriffe, integriert werden. Anschließend wird die Bewehrung eingebaut, bevor die Betonierung der Kammerwände in mehreren Abschnitten erfolgen kann.
Mit dem Baubeginn an der Schleuse Schöpfurt sind nun insgesamt fünf Schleusen im Bau. Die Schleuse Schöpfurt wurde bereits im Jahr 2006 grundlegend instandgesetzt, sodass sich die aktuellen Arbeiten auf den Einbau der Automatisierungstechnik und den Neubau eines Betriebshäuschens konzentrieren. In den kommenden Monaten werden zahlreiche Meter Leerrohre für die Steuerungskabel der Automatisierung verlegt, wobei auch einige Horizontalbohrungen erforderlich sind.
In Ruhlsdorf wurde die Kammer-Sohle in vier Abschnitten fertig betoniert. Was nun nicht mehr sichtbar, aber dennoch sehr zeitintensiv war, ist das Flechten der Bewehrung aus Betonstahl. Diese Kammer-Sohle bildet das Fundament der zukünftigen Schleuse.
Die Stahlbewehrung für die Sohle des Bauwerks ist sowohl beeindruckend als auch funktional. Sie gibt zusammen mit der Schalung der Konstruktion die Form und nötige Stabilität. Das Geflecht aus Stahl wirkt in den verschiedenen Bauphasen fast wie ein Kunstwerk. Am Ende geht es jedoch eine feste Verbindung mit dem Beton ein und sorgt für die notwendige Festigkeit und Belastbarkeit der Schleusensohle.
Neben dem Einbau der Bewehrung wurden auch schon erste Stahlwasserbauteile montiert, wie beispielsweise die Aufnahme der zukünftigen Schleusentore im Unterhaupt. Diese Stahlbauteile sind von entscheidender Bedeutung für die spätere Funktion der Schleuse, da sie die Basis für das sichere Schließen und Öffnen der Tore bilden werden.
Die Baugrube in Ruhlsdorf konnte nach der Neutralisation des Baugrubenwassers bereits leergepumpt (gelenzt) werden. Dieser Schritt steht in Leesenbrück und Grafenbrück noch aus. Das Baugrubenwasser verändert seine Farbe während der Arbeiten durch den hohen Mineralgehalt von graugrün zu türkis.
Ein erster Blick in die trockengelegte Baugrube lässt die Dimensionen erahnen. In Ruhlsdorf wird nun die Sohle gereinigt und die Unebenheiten ausgeglichen. Somit kann in den nächsten Wochen mit dem Einbau der festen Stahlteile und Bewehrung begonnen werden.
Nach dem Einbringen der Mikroverpresspfähle an allen 3 Schleusen (Ruhlsdorf, Leesenbrück und Grafenbrück) waren die Taucher erneut im Einsatz, um die Baugrubensohle für die Unterwasserbetonage vorzubereiten und die Ankerplatten auf die Pfahlköpfe aufzusetzen. In den letzten Wochen erfolgte dann die Unterwasserbetonage. Jede Baustelle wurde von 4 unterschiedlichen Betonwerken beliefert, um die großen erforderlichen Mengen ohne Verzögerung bereitstellen zu können.
In Grafenbrück gibt es nicht nur eine sondern gleich zwei von einander getrennte Baugruben. Grund hierfür ist die bestehende Straßenbrücke über das Unterhaupt, welche im Jahre 2013 neu errichtet wurde und erhalten bleibt. Um die Arbeiten in der Schleusenkammer unabhängig von ggfs. auftretenden Schwierigkeiten voranbringen zu können, entschied man sich die Baugrube in zwei Abschnitte zu teilen.
Der Abbruch neben und unterhalb der Brücke erfolgt unter ständiger Messung von Setzungen und daher gesondert zur Schleusenkammer. Das Luftbild zeigt anschaulich die links im Baufeld liegende Brücke, deren Straßenanschlüsse komplett zurückgebaut werden mussten. Der starke Baumaschineneinsatz erfordert ausreichend Bewegungsfreiraum, weshalb bauzeitlich hier auch keine Querung für öffentliche Verkehrsteilnehmer möglich ist.
Rückblick auf das zeitige Frühjahr: Mit einigen Wochen Versatz erfolgte an den Schleusen Ruhlsdorf, Leesenbrück und Grafenbrück nach dem Abbruch der Häupter und Schleusenkammern die Entschlammung der Baugruben. Hierfür waren Taucher auch bei frostigen Temperaturen im Einsatz, um die großen Mengen an Feinsediment in aufwendiger Handarbeit mittels Saugrüssel in Absetzbecken abzupumpen. Die Sicht unter Wasser beträgt hierbei nicht mal 20 bis 30 Zentimeter.
Im Anschluss erfolgte dann in einem Raster von 2 mal 2 Metern das Setzen sogenannter Mikroverpresspfähle als Rückverankerung der Unterwasserbetonsohle. Hierbei handelt es sich um Bohrungen, die zwischen 8 und 13 Meter tief unter die spätere Unterwasserbetonsohle reichen. In diese Bohrungen werden dann Stahlstangen mit 5 Zentimetern Durchmesser eingesetzt, mit einer Zementschlämme verpresst und sichern später die Baugrubensohle nach dem Trockenlegen gegen Aufschwimmen ab.
Am Montag, den 25.03.2024 begannen die Bauarbeiten für den Ersatzneubau der Schleuse Heegermühle. Wie auch an den anderen drei Schleusen werden in der ersten Phase Arbeiten zur Baustelleneinrichtung durchgeführt. Dazu zählen die Herstellung der Baustellenverkehrswege und auch des Baustellenbereiches. So wurde über die Osterferien die Zufahrt Nord von der Angermünder Straße asphaltiert und für Baufahrzeuge hergerichtet. Die Heegermühler Schleuse ist die erste zu sanierende Schleuse, die im städtischen Bereich liegt, was einen besondere Herausforderung in der Platzverfügbarkeit darstellt.
Der erste Abschnitt des Finowkanals, der lange Trödel, verfügt bereits über eine Leitzentrale zur Steuerung der drei beweglichen Brücken am Langen Trödel sowie für die Steuerung der Schleuse Zerpenschleuse. Die Überwachung der grundhaft instand gesetzten Schleusen am Finowkanal erfolgt zukünftig ebenfalls von der Leitzentrale aus. Diese wurde außerhalb der Schleusensaison in den letzten Monaten dafür umgebaut und vorbereitet. Dank der modularen Bauweise war dies ohne Probleme möglich, sodass heute auch der Probebetrieb erfolgreich verlief.
Der Erweiterungsbau dient zukünftig der Überwachung des Schleusenbetriebes am Finowkanal. Nach einer Übergangsphase erfolgt dann ab der Saison 2026 der Betrieb durch den Zweckverband Region Finowkanal.
Im Schleusenpaket 2, welches die 6 östlichen Schleusen von Kupferhammer bis Liepe umfasst, wurden in den letzten Monaten die notwendigen Baugrund- und Bauwerksuntersuchungen durchgeführt. Diese Untersuchungen bilden die Grundlage für die Vorplanung der Schleusensanierung. Sie geben darüber Aufschluss, in welchem Zustand sich die Bauwerke befinden und wie die Bodenbeschaffenheit im Schleusenbereich ist. Dazu werden in den Schleusenkammern horizontale und vertikale Bohrungen durchgeführt. Zudem werden durch 3D-Scan die genauen Abmessungen der Schleusen erfasst.
Auf den Bildern sehen Sie einmal das Bohrgerät und dann eine Auswahl der Bohrkerne.
Rückblick: September 2023
In Grafenbrück führt eine Straßenbrücke über die Schleusenkammer. Diese bleibt auch während der Bauarbeiten bestehen. Daher war es notwendig die Baugrube durch eine Schottwand zu unterteilen, um so den Schleusenbereich unterhalb der Brücke abzutrennen und den Abbruch in Teilschritten, beginnend mit der Schleusenkammer, durchführen zu können. Im Brückenbereich wurden vor dem Abbruch sogenannte HDI-Säulen (HochDruckInjektion) ins Erdreich eingebracht. Diese dienen der Verfestigung des Baugrundes und sollen eine Sackung der Bestandsbrücke verhindern.
Bei der Herstellung von HDI-Säulen wird mit hohem Druck das Injektionsgut (Zementsuspension) durch Düsen am unteren Ende des Gestänges in den Boden eingebracht. Durch Drehen und gleichzeitiges Ziehen des Gestänges werden gleichmäßige Säulen im Erdreich hergestellt.
An den Schleusen Ruhlsdorf, Leesenbrück und Grafenbrück werden jetzt im Spätherbst die alten Schleusenkammern Unterwasser abgebrochen. Das heißt die Schleusenkammer ist zum Teil mit Wasser gefüllt und das Abraummaterial muss aus der Schleusenkammer geborgen werden. In Ruhlsdorf kam bei der Ausbaggerung erschwerend hinzu, dass man große Findlinge im Sohlbereich gefunden hat, deren Bergung sich als sehr aufwändig erwiesen hat.
Zugeschüttet, vergessen und wiedergefunden – Die alte Freiarche Ruhlsdorf
Bis zum Jahr 1914 stellte der Finowkanal die einzige schiffbare Wasserstraße im Raum Eberswalde zwischen Havel und Oder dar. Um die Stauregulierung und die Hochwasserabfuhr in den einzelnen Kanalabschnitten sicherstellen zu können, befand sich parallel an jedem Schleusenstandort eine Freiarche (Wehr), über das das überschüssige Wasser ablaufen konnte.
Durch den Bau des Großschifffahrtsweges Berlin-Stettin, dem heutigen Oder-Havel-Kanal, wurde die Stauregulierung der Wasserstraße neu konzipiert, der Finowkanal zur Wasserstandregulierung nicht mehr benötigt und in der Folge das Wehr in Ruhlsdorf in den 1920-er Jahren zugeschüttet. Mit der Zeit geriet das Bauwerk in Vergessenheit, die Wasserläufe wurden mit Bauschutt verfüllt, es wuchs reichlich Vegetation auf der Fläche und lediglich ein Altarm des Klanfließ deutete auf die andere Gewässerführung zu früheren Zeiten hin.
Um die erste Kanalstufe des Finowkanals während der Grundinstandsetzung der Schleuse weiterhin mit Wasser versorgen und ein Trockenfallen vermeiden zu können, war die Herrichtung einer bauzeitlichen Wasserüberleitung erforderlich. Im Zuge der Vorbereitungsmaßnahmen ist man dann durch Zufall auf die in keinem Planwerk verzeichneten aber gut erhaltenen Überreste des alten Wehres von 1882 gestoßen, die dann in Teilen archäologisch freigelegt und dokumentiert wurden.
Um das Bauwerk vor weiteren Beschädigungen zu schützen und das Gerinne dennoch für die Baumaßnahmen reaktivieren zu können, wurde in das alte Wehr ein Stahlrohr eingeschoben und wieder alles verfüllt. Somit erfolgt nach rund 100 Jahren Dornröschenschlaf jetzt wieder die Wasserzufuhr über diesen Umfluter.
Beim Aushub des erforderlichen Grabens sind neben großen Mengen Ziegelschutt aus einer früheren Instandsetzung der noch in Betrieb befindlichen Schleuse auch zahlreiche Granitformsteine gefunden worden, die ursprünglich mal die Ecken der Schleusenkammer vor Schiffsanprall schützten und durch Beton ersetzt wurden. Derzeit wird geprüft, ob ein Teil der geborgenen Steine für den Wiederaufbau der Schleuse genutzt werden kann.
An den Schleusen Ruhlsdorf, Leesenbrück und Grafenbrück wurden alle Spundwände erfolgreich eingebaut, sodass die Baugruben nun vollständig umschlossen sind. Darüber hinaus wurden die Schleusenkammern bis zur Wasserlinie und die Häupter abgerissen, und auch die Vorhäupter … Anschließend wurden Stabilisierungsmaßnahmen für die Baugruben durchgeführt. Dabei wurden Querverstrebungen zwischen die Spundwände eingefügt, um sicherzustellen, dass diese dem Druck des umliegenden Erdreichs standhalten können. Alle diese Versteifungen wurden nun vom Statiker geprüft und abgenommen, und somit kann der Unterwasserabbruch der verbleibenden Schleusenkammern beginnen.
Das Erscheinungsbild der Baufelder hat sich in den letzten Wochen erheblich gewandelt. Auch wenn die Spundwandkästen noch nicht an allen drei Schleusen fertiggestellt sind, wurde bereits mit dem Abtragen der obersten zwei Meter der Schleusenkammern und Häupter sowie der Unterhauptbrücken in Ruhlsdorf und Leesenbrück begonnen. Erst wenn der obere Teil abgetragen ist, kann mit dem Einbau der Baugrubenaussteifung begonnen werden, damit die Spundwände später nicht durch den Erddruck in die Baugrube kippen.
Bilder: Vergleich in Ruhlsdorf: links Anfang Mai 2023, rechts Anfang Juni 2023; der obere Teil der Kammerwand und Häupter ist bereits abgetragen. Im Hintergrund werden noch die Spundwandarbeiten abgeschlossen.